Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hat am Donnerstag mit einem unerwarteten Vorstoß für Verwunderung bei der Landesregierung und der Opposition gesorgt. In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Lucha den Übergang aus der pandemischen in die endemische Phase Ende April gefordert. Das würde bedeuten, dass von diesem Zeitpunkt an das Coronavirus wie das Grippevirus eingestuft würde. Positiv getestete Menschen und deren Kontaktpersonen müssten sich nicht mehr absondern und Erkrankte nicht mehr zu Hause bleiben.
Schon am Donnerstag hat sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann vom Brief seines Ministers distanziert. Dieser sei nicht mit der Regierung abgesprochen gewesen. Am Freitag erklärte er: „Der Vorschlag wurde zurückgezogen, wir arbeiten in der Regierung im Team, dadurch können Fehler korrigiert werden.“ Auch Gesundheitsminister Lauterbach lehnte den Vorstoß zum Strategiewechsel in der Pandemie am Freitag ab. Lucha begründete seine Forderung mit der Situation in den Gesundheitsämtern. Sie hätten aufgrund der rasanten Ausbreitung von Omikron ohnehin keinen Einfluss mehr auf das Infektionsgeschehen. Auch der Landkreistag Baden-Württemberg meint, die dortigen Kapazitäten könnten besser genutzt werden, als dass die Angestellten tagtäglich Inzidenzen vermelden müssten.
Die Opposition fordert nun Luchas Rücktritt. Die FDP hatte seinen Vorstoß zunächst begrüßt, doch der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Hans-Ulrich Rülke, kritisiert das Hin und Her zwischen Vorstoß und Rückzug des Vorschlags. Sein SPD-Kollege Andreas Stoch bezeichnete schon den Vorstoß auf Twitter als absurd. Beide Fraktionen fordern nun eine Sondersitzung des Landtags in der kommenden Woche. Dort sollen sich Kretschmann und Lucha erklären.