Ulmer Impfzentrum wäre startklar

Wann kommt endlich der langersehnte Impfstoff? In Nordamerika, England, Israel und Bahrein hat der Impfstoff von Pfizer und Biontec schon eine Zulassung. Obwohl der Hersteller aus Deutschland kommt, müssen wir in Europa aber noch warten. Voraussichtlich bis nach Weihnachten. Technisch stehen die Impfzentren in Baden-Württemberg ab spätestens morgen bereit. Auch in Halle 7 der Ulmer Messe könnte es jederzeit losgehen.

Steuernder Kopf hinter der Mammutaktion ist Professor Bernd Kühlmuß, der im Auftrag des baden-württembergischen Sozialministeriums in einem Team das Konzept der ZIZ entwickelt hat und das Muster-Zentrum in seiner Ulmer Heimat aufgebaut hat. Wer Professor Kühlmuß kennt, sieht in seinen Augen nicht nur Erschöpfung, sondern auch ganz viel Begeisterung, dass das Impfzentrum nun zeitgerecht fertiggestellt ist. Selbst die Hinweisschilder mit Richtungspfeilen zum Eingang hängen schon außen an den Zäunen rings um die ulmesse. Innen ist ebenfalls ein hoher Grad an Perfektion erreicht, fast alles ist beschriftet, auch wenn Kühlmuß noch mit weit ausgebreiteten Armen die Dimension der noch geplanten Selbstklebeschriftzügen an den kahlen weißen Wänden demonstriert.

Beim Blick von oben in die Halle sieht man Kabinen im Dutzend, jede mit einer Türe, damit jeder Impfinteressierte seine Privatsphäre selbst dann behalten kann, wenn 120 Impfungen pro Stunde durchgeführt werden. Die Aufteilung der Räume hat sich der Mediziner im Kloster Wiblingen erarbeitet, dort hatte er sich mit David Richter, dem Geschäftsführer des DRK Rettungsdienst Heidenheim-Ulm, zur Klausur zurückgezogen. Am Ende waren dort die Wände mit großen Papierbögen vollgehängt, lauter Skizzen für die Reihenfolge im Impfablauf, daneben Zahlenkolonnen, in denen die Durchlaufzeiten und das benötigte Personal zusammengerechnet werden.

In der zweiten Novemberhälfte wurde dann die Theorie zu einem ersten Testlauf. Mit Bauzäunen und Absperrbändern wurden die Impfkabinen simuliert, rund 100 Statisten vom Roten Kreuz testeten die Abläufe in der Realität. Das Interesse war in der Verwaltung groß, ebenso wollte auch die Landesregierung sehen, war möglich ist. Nicht nur die verantwortlichen Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) kamen zum Testlauf nach Ulm, auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fuhr an einem Samstagvormittag extra nach Ulm, um das Muster eines Impfzentrum sehen zu können (wir berichteten).

Alles wurde dann kritisch hinterfragt, Zeitrafferaufnahmen von der Hallendecke aus ausgewertet, die zeigen sollen, ob es irgendwo in den Abläufen zu Stauungen kommt. Auch im Impfzentrum wird Sicherheit und Hygiene großgeschrieben, die Abstandsregeln werden selbstverständlich eingehalten. Daher wurden Dutzende Tische aufgestellt, die als Raumteiler auf den Gängen fungieren. S-förmig werden die Impfwilligen durch die Halle geleitet, beginnend mit einem Dutzend Registrierungskabinen. Dort werden die Daten eines jeden Besuchers erfasst, der zu seinem Termin kommt. Eine rot-grüne Ampel an der Tür gibt den Zugang frei und zum Raum kann die Tür geschlossen werden. Die Computer, Bildschirme, Laptops und Barcodeleser sind aufgebaut, die EDV-Fachleute haben hier ganze Arbeit geleistet. Nach der Registrierung geht es zum Info-Video über die Impfung, in rund 15 Minuten wird alles Wissenswerte über die Impfung und mögliche Nebenwirkungen erklärt. Der nächste Schritt ist das individuelle Impfgespräch mit einem Arzt. Hinter der verschlossenen Tür in rollstuhlgerechter Breite können alle individuellen Fragen und Sorgen unter vier Augen besprochen werden. Selbstverständlich kann auch jeder Impfwillige sich jederzeit „bis unmittelbar zum Piecks“ (Kühlmuß) gegen eine Impfung entscheiden. Ganz deutlich wird Kühlmuß dann auch, wenn er betont, dass es keine Impfpflicht gibt.

Die Impfung selbst ist dann in einer weiteren Kabine eine Sache von wenigen Augenblicken. Hier fiel im ersten Testlauf auf, dass die reine Impfung viel schneller abläuft als vorab kalkuliert. Spontan wurde dann umgeplant und die Zahl der Impfer halbiert, sie betreuen nun zwei Kabinen und wechseln durch einen Vorhang hin und her.
Da der Impfstoff neu ist, ist nach der Impfung eine halbstündige Ruhephase eingeplant, in zwei großen Räumen lässt Kühlmuß auf Bildschirmen Filme zum Zeitvertreib laufen. Und selbst diese riesigen Bildschirme sind da, das Land Baden-Württemberg hat alles zeitgerecht anliefern können. Tupfer, Spritzen, Desinfektionsmittel, alles lagert bereits in der Halle und gesicherten Lagerorten in der Nähe, denn der Ulmer Arzt hat bereits im Oktober zehntausende Spritzen beschafft. Auch die Messebauer haben Höchstleistungen vollbracht, da sie in nur vier Tagen alles aufgebaut haben, nur noch die Abstandsmarkierungen auf dem Hallenboden fehlen. Die kommen aber erst nach einer Grundreinigung der Halle.

Gleichzeitig hat der Ulmer Rettungsdienst sich um das nötige Personal gekümmert. Rund zweihundert Helfer mussten eingestellt werden, die von Büroarbeiten über die ärztliche Aufklärung bis hin zum Impfen benötigt werden. An sieben Tagen pro Woche werden täglich rund 15 Stunden lang die Impfungen angeboten. Die Anmeldephase dazu soll in der Weihnachtszeit starten, auch hier ist schon ein Callcenter eingeplant, dass mit 700 Mitarbeitern rund um die Uhr per Telefon die Termine plant. Die Telefonnummer steht bereits fest, nur muss erst noch endgültig festgelegt werden, welche Personenkreise wann zur Impfung dürfen. Hier bittet Bernd Kühlmuß noch um Geduld, bis die landesweite Entscheidung veröffentlicht wird.
Am Ende fehlt nur noch der Impfstoff, der bisher noch nicht zugelassen ist. Sobald die Zulassung erfolgt ist und Ulmer mit dem bestellten Impfstoff beliefert ist, soll das Zentrale Impfzentrum in Ulm binnen eines Tages mit dem Impfen beginnen können.
Parallel wird in einer Nachbarhalle noch eines der Impfzentren des Alb-Donau-Kreises entstehen, dazu hat das Land die Betriebsbereitschaft bis zum 15. Januar gefordert. Das ZIZ in Halle 7 ist dabei das Muster, wie das Kreisimpfzentrum in verkleinerter Form aufgebaut werden kann. Außerdem wird es mobile Impfteams geben, die zu nicht mobilen Patienten fahren und so zum Beispiel in Pflegeheimen impfen. Auch diese mobilen Impfteams bekommen ihr Material in Ulm.

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